ERC Starting Grant für Valérie Hilgers

Max-Planck-Gruppenleiterin erhält EU-Förderung, um Nervenzellen zu erforschen

31. Juli 2018
Die Freiburger Max-Planck-Forscherin Valérie Hilgers wurde vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) mit einem Starting Grant ausgezeichnet. Der ERC unterstützt ihr Projekt „Mechanism and functional impact of ultra-long 3’UTRs in the Drosophila nervous system“ mit rund 1,5 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Ziel des Projektes ist es, die Rolle von bestimmten Genregulationsmechanismen zu verstehen, die die Entwicklung und Funktion von Neuronen im Gehirn steuern.

Nervenzellen sind hoch spezialisierte und komplexe Zellen, die für die Weiterleitung von Informationen entlang der Kommunikationswege des Nervensystems zuständig sind. Im menschlichen Körper ermöglichen hunderte Milliarden von Nervenzellen die Signalübertragung von den Sinnesorganen zum Gehirn und vom Gehirn zu Organen, Drüsen oder Muskeln.

Damit die Informationsweiterleitung in den Neuronen zuverlässig und schnell abläuft, ist eine exakte und möglichst robuste Koordinierung der Genexpression entscheidend. Speziell in Neuronen hängt diese stark von der sogenannten co-transkriptionellen und post-transkriptionellen Genregulation ab. Dabei handelt es sich um die Verarbeitung von RNA-Molekülen zwischen dem Beginn der Transkription, bei der ein bestimmter DNA-Abschnitt in Boten-RNA (mRNA) transkribiert wird, und der Translation der mRNA in spezifische Proteine. Zum Beispiel kann eine alternative mRNA-Prozessierung Veränderungen an den mRNA-Strängen hervorrufen, die zur Kodierung von völlig unterschiedlichen Proteinen führt.

Obwohl relativ wenig darüber bekannt ist, wie diese Mechanismen genau die Entwicklung und Funktion von Neuronen steuern, wird die Bedeutung der RNA-gesteuerten Regulation im Gehirn durch ihre Auswirkungen auf neurologische Erkrankungen deutlich. Beispielsweise sind bestimmte Formen von Epilepsie, neurodegenerativen Erkrankungen und Autismus mit fehlgesteuerter RNA-Regulierung im Gehirn assoziiert.

Die Freiburger Biologin Valérie Hilgers und ihr Team am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik erforschen diese genregulatorischen Mechanismen in den Nervenzellen. Die Forschungsgruppe ist insbesondere an einem spezifischen Teil der mRNA interessiert: der sogenannte 3’ untranslatierte Bereich (3’UTR), der sich der eigentlichen proteincodierenden Region auf der mRNA anschließt und beispielsweise als Bindestelle für Proteine fungiert, die die Stabilität der RNA-Moleküle beeinflussen. Einige spezifische mRNAs in Neuronen, die vor allem entwicklungsregulatorische Proteine kodieren, haben extrem lange 3’UTRs.

Um die Funktionen dieser extrem langen mRNA-Regionen zu erforschen, wurde Valérie Hilgers nun mit einem der prestigeträchtigen Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) geehrt. Das ausgezeichnete Projekt „Mechanism and functional impact of ultra-long 3’UTRs in the Drosophila nervous system“ setzt dabei auf die genomische und experimentelle Formbarkeit des Modellorganismus Drosophila melanogaster. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen damit ein Verständnis der verschiedenen Synthesemechanismen und funktionellen Effekte von 3’UTRs in Neuronen erarbeiten. Langfristig soll mit den Ergebnissen auch das Verständnis von neurologischen Erkrankungen beim Menschen verbessert werden.

ERC Starting Grants

Mit den begehrten ERC Starting Grants, die einmal im Jahr vergeben werden, würdigt und unterstützt die Europäische Union Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die bereits mit exzellenten Leistungen auf sich aufmerksam machen konnten. Die Auszeichnung wird durch den Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) an herausragende junge Wissenschaftler aus aller Welt vergeben, die an einer europäischen Forschungsinstitution arbeiten und deren Promotion zwei bis etwa sieben Jahre zurückliegt. Für die Ausschreibung des Jahres 2018 bewarben sich 3170 Projekte, von denen 403 europaweit unterstützt werden. Die ausgezeichneten Nachwuchsforscherinnen und -forscher erhalten jeweils bis zu 1,5 Millionen Euro über eine Laufzeit von fünf Jahren für ihre Projekte.

Die ERC-Förderung für Valérie Hilgers unterstreicht erneut den Status des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik, Freiburg als wichtigen Standort europäischer Spitzenforschung. Es ist nach fünf ERC Starting Grants für Robert Schneider in 2007, Andrew Pospisilik in 2011, Patrick Heun in 2012, Tim Lämmermann in 2016 sowie Nina Cabezas-Wallscheid in 2017, einem ERC Consolidator Grant für Andrew Pospisilik in 2015 und zwei ERC Advanced Grants für Thomas Boehm (2012) und Michael Reth (2012) bereits die neunte Auszeichnung des Europäischen Forschungsrats für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts.

Biographie

Valérie Hilgers, geb. 1982, studierte Biologie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und der Ecole Normale Supérieure in Paris. Sie promovierte am EMBL in Heidelberg sowie dem Temasek Life Sciences Institute, Singapore. Von 2010 bis 2016 war Valérie Hilgers Post-Doc an der University of California in Berkeley (USA) in der Abteilung für Molekular- und Zellbiologie. Seit 2016 ist Valérie Hilgers Leiterin einer Max-Planck-Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg.

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