Antibakterielle Kommunikation zwischen Zellorganellen

Forschungsbericht (importiert) 2022 - Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik

Autoren
Rambold, Angelika
Abteilungen
Max Planck Forschungsgruppe Organelle-Network Immunology
Zusammenfassung
Makrophagen sind Fresszellen und nehmen eine zentrale Rolle in unserer Immunabwehr ein. Sie fangen Krankheitserreger ein und verdauen sie in ihrem Inneren. Bestimmte Bakterien sind jedoch in der Lage, dem als Phago-Lysosom bezeichneten Verdauungssystem der Makrophagen zu widerstehen und so ihrer Bekämpfung durch die Immunzellen zu entgehen. Unsere Forschung zeigt nun, wie verschiedene Organellen, nämlich das Phago-Lysosom zusammen mit Mitochondrien, im Inneren von Makrophagen miteinander kommunizieren, um einen besonders effektiven antibakteriellen Abwehrmechanismus zu aktivieren.

Immunologische Erstabwehr von Infektionserregern

Makrophagen gehören zu den wichtigsten Abwehrzellen des angeborenen Immunsystems. Sie befinden sich in fast allen Geweben unseres Körpers und spielen eine unverzichtbare Rolle für die Gesundheit unserer Organe, da sie ständig absterbende Zellen entfernen und Mikroben beseitigen, die in das Gewebe eingedrungen sind. Makrophagen gelten als professionelle Fresszellen, da sie besonders gut pathogene Erreger und weiteres fremdes Material aufnehmen, zerstören und dadurch eliminieren können.

Intrazelluläre Struktur der Bakterienabwehr

Das Innere eines Makrophagen ist, wie bei den meisten anderen Zellen auch, in mehrere, unterschiedliche Kompartimente unterteilt. Diese als »Organellen« bezeichneten Untereinheiten einer Zelle übernehmen jeweils spezifische Funktionen, analog zum Organsystem des Menschen. Als Fresszellen verfügen Makrophagen über ein sehr ausgeprägtes Verdauungsorganell, das Phago-Lysosom. Über dieses Organell werden Bakterien aufgenommen und immer weiter in das Innere des Makrophagen geschleust. Dabei treffen die anverdauten Pathogene auf ein zunehmend feindlicher werdendes Milieu aus Radikalen, Säuren und Verdauungsenzymen. Dieses Umfeld bremst das bakterielle Wachstum, tötet das Pathogen und verdaut schließlich dessen Überreste.

Nach der Aufnahme von Bakterien in das Phago-Lysosom sendet das Organell einen Botenstoff aus, den Transkriptionsfaktor EB (TFEB; [1]). Dieser wandert in den Zellkern und erhöht die Expression von wichtigen phago-lysosomalen Proteinen. Damit gewährleistet TFEB die Funktion des phago-lysosomalen Systems.

Eine zelluläre Kooperation, um Makrophagen zu stärken

Die Detektion und Aufnahme von Bakterien wirken sich jedoch nicht nur auf das Phago-Lysosom aus. Auch andere Zellorganellen passen ihre Funktionen an die neue Situation an. Dies betrifft Mitochondrien, die häufig als »Kraftwerke der Zelle« bezeichnet werden. Bestehend aus einer inneren und einer äußeren Membran, sind diese Organellen der primäre Ort der zellulären Atmung, an dem aus zugeführten Nährstoffen Energie für die Zelle zur Verfügung gestellt wird. Neben dem Abbau von Nährstoffen können Mitochondrien auch dazu angeregt werden, bestimme Stoffwechselprodukte zu produzieren, die der Kontrolle von bakteriellen Infektionen dienen können. Lange hat man Organellen als autonom agierende Einheiten in der Zelle angesehen. Neuere Daten zeigen hingegen, dass verschiedene Organellen miteinander kooperieren und somit ihre Funktionen verstärken können [2].

Am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg haben wir uns der Frage gewidmet, auf welche Weise Organellen in Makrophagen kommunizieren, um Bakterien effizient abzutöten. Durch den kombinierten Einsatz eines breiten Spektrums experimenteller Techniken wie Metabolomik, RNA-Sequenzierung und verschiedenen bildgebenden Verfahren gelang es uns, einen Signalweg zu identifizieren, der das Zusammenspiel zwischen Lysosomen und Mitochondrien steuert [3]. Unsere Forschung zeigt, dass die Aktivierung des bereits erwähnten phagolysosomalen Regulators TFEB die Transkription eines Proteins mit dem Namen IRG1 kontrolliert. Dieses Protein wird nach seiner Synthese im Zytoplasma in die Mitochondrien eingeschleust, um dort die Produktion des antimikrobiellen Stoffwechselprodukts Itakonat anzutreiben.

Entkommende Bakterien wieder kontrollieren

Verschiedene Bakterienarten, wie zum Beispiel Salmonellen und Mykobakterien, können dem Abbau durch das phago-lysosomale System entgehen. Sie schaffen es sogar, sich im Inneren von Makrophagen zu vermehren, was im infizierten Körper zur Verteilung dieser Bakterien auf andere Organe oder zu wiederholt ausbrechenden Infektionen führen kann. Daher stellte sich die Frage, ob der von uns identifizierte Signalweg genutzt werden könnte, um Bakterienwachstum zu kontrollieren. Tatsächlich konnten wir durch die Aktivierung des TFEB-IRG1-Itakonat-Signalwegs das Wachstum der Bakterien in Makrophagen und darüber hinaus im infizierten Organismus reduzieren. Dies zeigt, dass das Zusammenspiel von Lysosomen und Mitochondrien einen antibakteriellen Abwehrmechanismus ermöglicht, der Makrophagen davor schützen kann, als bakterielle Wachstumsnische missbraucht zu werden.

Unsere Ergebnisse haben einen wichtigen Aspekt der Biologie von Makrophagen und deren Organellen entschlüsselt, der für die Immunabwehr gegen Bakterien von besonderer Bedeutung ist. Die neuen Erkenntnisse zu den Mechanismen intrazellulärer Organellen-Kommunikation können dabei wichtige Impulse für neue therapeutische Ansätze darstellen. Angesichts des zunehmenden Auftretens multiresistenter Keime mit geschätzt weltweit mehr als jährlich 10 Millionen Todesfällen ab dem Jahr 2050 ist es äußerst wichtig, neue Strategien zur Bekämpfung bakterieller Infektionen zu finden. Der pharmakologische Einsatz des TFEB-IRG1-Itakonat-Signalwegs oder die alleinige Verwendung von Itakonat als Pharmazeutikum könnte ein vielversprechender Weg zur Behandlung ausgewählter Infektionen sein.

Literaturhinweise

Ballabio, A.; Bonifacino, J.S.
Lysosomes as dynamic regulators of cell and organismal homeostasis
Nature Reviews Molecular Cell Biology 21, 101-118 (2020)
Rambold, A.S.; Pearce, E.L.
Mitochondrial Dynamics at the Interface of Immune Cell Metabolism and Function
Trends in Immunology 39, 6-18 (2018)
Schuster, E.M.; Epple, M.W.; Glaser, K.M.; Mihlan, M.; Lucht, K.; Zimmermann, J.A.; Bremser, A.; Polyzou, A.; Obier, N.; Cabezas-Wallscheid, N.; Trompouki, E.; Ballabio, A.; Vogel, J.; Buescher, J.M.; Westermann, A.J.; Rambold, A.S.
TFEB induces mitochondrial intaconate synthesis to suppress bacterial growth in macrophages
Nature Metabolism 4, 856-866 (2022)
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