Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis für Freiburger Forscher
Der Immunologe Michael Reth erhält die Auszeichnung für seine herausragende biomedizinische Forschung
Michael Reth erhält für seine Erkenntnisse zur Funktionsweise des Immunsystems den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis der Paul Ehrlich-Stiftung. Zum ersten Mal seit 1996 geht der Preis wieder an einen Wissenschaftler, der in Deutschland forscht. Reth ist Professor für Molekulare Immunologie am Institut für Biologie III der Universität Freiburg und Sprecher des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies. Außerdem leitet er die Abteilung für Molekulare Immunologie, die am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik angesiedelt ist. Die Auszeichnung ist mit 100.000 Euro dotiert und gilt als eine der wichtigsten Forschungsehrungen Deutschlands. Mit Reth würdigt die Stiftung einen Entdecker, der wie schon der Medizin-Nobelpreisträger Paul Ehrlich die Grundlagen der Immunität auf der Ebene der Moleküle erforscht – um auf diese Weise neue Wege zu finden, Krebs und Infektionskrankheiten zu heilen.
„Diese Auszeichnung ist für mich eine große Ehre, weil ich Paul Ehrlichs immunologische Arbeiten sehr schätze“, sagt Reth. „Er war einer der ersten molekularen Denker auf diesem Gebiet.“ In der Tradition Paul Ehrlichs erforscht Reth, wie der menschliche Körper Fremdstoffe erkennt und sich verteidigt. Dafür erkundet er die 50 bis 150 Nanometer großen Organisationsbereiche von Rezeptoren auf der Zelloberfläche.
„Der Erfolg der Impfung, eine der größten medizinischen Errungenschaften, machte die Immunologie von Anfang an zu einer angewandten Wissenschaft. Doch die molekularen Vorgänge, die zu einer Immunität führen, verstehen wir bis heute noch nicht vollständig“, erklärt Reth. Er untersucht die B-Zellen des Immunsystems. Diese Blutzellen produzieren nach ihrer Aktivierung Antikörper, um Krankheiten zu bekämpfen. Reth erforscht den Aufbau und die Organisation des B-Zell-Antigenrezeptors. Dieses Molekül auf der Oberfläche der B-Zellen erkennt Fremdstoffe, so genannte Antigene, und löst die Abwehr des Körpers aus. Die Rezeptoren sind wenige Nanometer groß und nur mit Hochleistungsmikroskopen und technischen Tricks zu erforschen. Reth beschrieb 1989 erstmals die Grundstruktur des Antigenrezeptors der B-Zellen. Es gelang ihm und seiner Gruppe, ein neues Modell der Aktivierung dieses Rezeptors aufzustellen und erst kürzlich im Versuch zu bestätigen.
Reths Erkenntnisse sind unter anderem für die Krebsforschung wichtig: Durch Veränderung des Antigenrezeptors oder dessen Signalkaskaden können B-Zellen zu Krebszellen mutieren. Um diese Krebszellen zu bekämpfen, muss man die Signalprozesse verstehen, die zur Entstehung von Krebs beitragen. Außerdem zeigte Reth, dass Rezeptoren auf der Plasmamembran komplexer organisiert sind als bisher angenommen.
Mit Reth wird der dritte Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik mit dem Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis ausgezeichnet. Zuvor wurden Otto Lüderitz (1965) und Otto Westphal (1968) für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse geehrt, die sie in Bezug auf Struktur und Wirkungsweise bakterieller Giftstoffe gewonnen hatten. Die Abteilung für Molekulare Immunologie von Michael Reth nimmt eine wichtige Brückenstellung zwischen Universität und dem Max-Planck-Institut ein.
Weitere Informationen zur Person
1989 wurde Michael Reth von Georges Köhler an das MPI f. Immunbiologie nach Freiburg geholt, welcher für die Entwicklung monoklonaler Antikörper mit dem Medizin-Nobelpreis (1984) ausgezeichnet worden war. Reth erhielt 1995 den Leibniz-Preis und 2009 den EFIS-Schering-Plough-Preis für Immunologie.
2012 wurde Michael Reth vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant ausgezeichnet.