Interleukin-33 an Immunität gegen SARS-CoV-2 beteiligt

Freiburger Studie untersucht Immunität von COVID-19-Genesenen

9. April 2021

Bereits früh in der Corona-Pandemie schloss sich ein Team aus Immunolog:innen des MPI für Immunbiologie und Epigenetik sowie Mediziner:innen der Uniklinik in Freiburg zusammen, um mehr über die Immunität bei überstandenen Corona-Infektionen in Erfahrung zu bringen. Dabei gelang es Ihnen einen bisher nicht bekannten Zusammenhang zwischen der Produktion des Zytokins Interleukin-33 und der Immunität gegen das Virus herzustellen.

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie hat die Wissenschaft und Medizin weltweit enorme Anstrengungen unternommen, um die durch das Virus verursachte Krankheit besser zu verstehen. In ihrer neuesten gemeinsamen Studie zeigen Forschende des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg (MPI-IE) und Mediziner:innen des Freiburger Universitätsklinikums eine bisher unbekannte Eigenschaft der COVID-19-Immunität, die auch Auswirkungen auf zukünftige Therapien haben könnte. Die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie weist auf die Beteiligung des Zytokins Interleukin-33 bei der Immunität gegen das Coronavirus (SARS-CoV-2) hin. Dabei handelt es sich um einen körpereigenen Botenstoff, der Zellen des Immunsystems Gefahren signalisiert, wenn sie ein zweites Mal auf das Virus treffen. 

„Wir haben mit dieser Studie bereits in einer sehr frühen Phase der Pandemie im Jahr 2020 begonnen, als noch sehr wenig über die Immunantwort nach einer überstandenen Infektion bekannt war“, sagt Erika Pearce, Gruppenleiterin am MPI-IE. „Unser Ziel war es, die Immunität gegen das Virus bei Menschen zu untersuchen, die von COVID-19 bereits genesen sind."

Immunität durch Antikörper und T-Zellen

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 löst eine komplexe Immunantwort aus, die durchlaufen werden muss, um Immunität gegen das Virus zu entwickeln. Vereinfacht ausgedrückt müssen sich die zwei eng miteinander verwobenen Säulen unseres Immunsystems an das Virus erinnern, um eine Reinfektion zu verhindern: nämlich Antikörper produzierende B-Zellen und Gedächtnis-T-Zellen. Zu verstehen, wie dies bei einer SARS-CoV-2-Infektion geschieht, kann neue Chancen eröffnen, das Virus durch Medikamente oder Impfungen zu bekämpfen.  

Für die Studie untersuchte das Team Blutproben von 155 Personen, die meist nur leicht erkrankt waren. Die Forschenden ermittelten die Menge an Antikörpern gegen das SARS-CoV-2-Spike-Protein und stellten fest, dass die Patient:innen mehr als zwei Monate nach der Infektion hohe Antikörperspiegel aufrechterhalten, was darauf hindeutet, dass sie wahrscheinlich vor einer erneuten Infektion geschützt sind. „Wir fanden das sehr ermutigend, aber wollten auch besser verstehen, wie das Immunsystem wirklich auf eine zweite Begegnung mit dem Virus reagieren würde“, sagt Petya Apostolova, Ärztin und Forscherin im Labor von Erika Pearce.

Wenn das Virus das zweite Mal zuschlägt 

Eine wirksame Immunität gegen ein Virus wird erreicht, wenn genügend Antikörper und Gedächtnis-T-Zellen im Blut einer Person vorhanden sind, die sich von der Krankheit erholt hat oder geimpft wurde. Kommt es zu einem erneuten Kontakt mit dem Virus, springt das Immunsystem schnell an und die Person erkrankt nicht erneut. Um zu testen, wie dies nach COVID-19 geschieht, setzte das Team Blutzellen der Teilnehmer:innen, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet hatten, einem Teil des Virus aus. Sie konnten anschließend beobachteten, dass sich Gedächtnis-T-Zellen entwickelt hatten und schnell auf die viralen Proteine reagierten. „Gleichzeitig haben wir eine breite Palette von Molekülen gemessen, die unsere Immunzellen verwenden, um miteinander zu kommunizieren. Dabei fiel vor allem Interleukin-33 in unseren Messungen auf. Die Menge an Interleukin-33 korrelierte mit der Menge an Antikörpern, die die Menschen gebildet hatten, sowie mit dem Aktivierungsgrad ihrer Gedächtnis-T-Zellen“, erklärt Apostolova. 

Interleukin-33, oder kurz IL-33, wird von Zellen freigesetzt, die Gefahren in ihrer Umgebung wahrnehmen. IL-33 kann positive Effekte haben, indem es T-Zellen aktiviert und die Produktion von Antikörpern anregt, aber es kann auch eine Entzündung der Lunge fördern und wurde in früheren Studien mit chronischen Lungenerkrankungen in Verbindung gebracht. Die Studie der Freiburger Forscher:innen weist nun zum ersten Mal auf einen Zusammenhang der Interleukin-33-Produktion mit der Immunität gegen SARS-CoV-2 hin.

„Wir vermuten, dass Interleukin 33, das normalerweise als Alarmsignal produziert wird, ein wichtiges Bindeglied zwischen Schutz und Krankheitsschwere sein könnte“, sagt Cornelius Waller vom Universitätsklinikum Freiburg. Tatsächlich konnte das Team durch die Analyse weiterer, öffentlich zugänglicher Daten von Lungenzellen, die Patienten während einer SARS-CoV-2-Infektion entnommen wurden, zeigen, dass Interleukin 33 in deren Lungen produziert wurde. Die Bedeutung dieser Befunde, auch im Zusammenhang mit der Schädigung des Lungengewebes nach schweren COVID-19-Infektionen, erfordert jedoch noch weitere Untersuchungen.

Die Teams vom Max-Planck-Institut und dem Uniklinikum Freiburg hoffen, dass diese Zusammenarbeit fortgesetzt wird. Wie Cornelius Waller betont: „Wir konnten nur durch diese großartige Synergie zwischen Klinikern mit Erfahrung in der Betreuung von COVID-19-Patienten und Experten auf dem Gebiet der Immunologie vor Ort so viel in so kurzer Zeit herausfinden.“ Die Forschenden sind überzeugt, dass die gemeinsame Studie ein weiterer wichtiger Baustein ist, die Immunität gegen SARS-CoV-2 aber auch gegen andere virale Infektionen besser zu verstehen.

MR

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht