Das Futter der Fresszellen

Freiburger Forscher entdecken neue Zusammenhänge zwischen Stoffwechsel und Funktionen von Makrophagen

18. Dezember 2018
Makrophagen sind bekannt dafür, dass sie Krankheitserreger, Zelltrümmer aber auch Krebszellen verschlingen und verdauen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems und helfen dem Körper im Kampf gegen Infektionen und Krebs. Neuere Studien haben gezeigt, dass Stoffwechselveränderungen den Aktivierungszustand sowie die Funktion von Makrophagen beeinflussen können. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe am MPI für Immunbiologie und Epigenetik und der Universität Freiburg konnte nun erstmals konkret Veränderungen im Stoffwechsel mit Veränderungen der Genexpression im Zellkern und somit den Funktionen der Makrophagen verknüpfen. Die Ergebnisse könnten zukünftige neue Strategien für die therapeutische Intervention bei Krebs und Entzündungskrankheiten liefern.

Makrophagen gehören zur ersten Verteidigungslinie unseres Körpers bei Infektionen oder Entzündungen. Als schnelle Eingreiftruppe des angeborenen Immunsystems patrouillieren sie durch den Körper und reagieren sofort auf eindringende Krankheitserreger, indem sie diese in sich aufnehmen und verdauen oder andere Immunzellen zur weiteren Bekämpfung alarmieren. Neben ihrer Aufgabe als Fresszellen spielen Makrophagen auch eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung normaler Gewebefunktionen sowie bei der Kontrolle des Tumorwachstums bei Krebserkrankungen. Wissenschaftler hoffen mit einem besseren Verständnis der Funktionsweise von Makrophagen in diesen verschiedenen Rollen, ihr Verhalten während Krankheiten medikamentös verändern und so therapeutisch nutzen zu können. 

Der Stoffwechsel der Immunzellen beeinflusst ihre Funktion

Das Labor von Edward Pearce am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik (MPI-IE) und der Universität Freiburg widmet sich dem noch jungen Forschungsfeld des Immunmetabolismus. Dabei interessiert die Wissenschaftler, wie Veränderungen des Zellstoffwechsels verschiedener Immunzellen deren Funktionsweise und somit die den Körper schützende Immunität als solches beeinflussen. In den letzten Jahren zeigte sich speziell bei Makrophagen, dass diese in spezifischen Mikroumgebungen wie etwa entzündetem Gewebe oder Tumorgewebe ihr Stoffwechselprogramm radikal anpassen. Diese Anpassungen zielen darauf ab, die im erkrankten Gewebe veränderten Bedürfnisse bezüglich Zellteilung und Zellwachstum oder bestimmte Funktionen wie Phagozytose und die Produktion von Botenstoffen (Zytokinen) zu erfüllen. 

Studien des Labors von Edward Pearce aber auch anderer Forschungsgruppen fanden bereits heraus, dass Makrophagen die Nährstoffaufnahme und -verwendung teilweise drastisch verändern, wenn sie durch verschiedene Umweltreize in erkranktem Gewebe, aktiviert werden. Dabei kann die Beeinflussung des Stoffwechselprofils der Makrophagen die Aktivierung dieser Zellen verhindern, verstärken oder ihrem Wesen nach vollständig verändern. Bis heute ist jedoch die Verbindung von Stoffwechsel und der Aktivierung nicht vollständig verstanden worden.

Verknüpfung zwischen Mitochondrien und der Genexpression im Zellkern

In ihrer neuesten Studie, die im Fachjournal Immunity erschienen ist, zeigen die Freiburger Forscher nun eine Möglichkeit, wie die Aktivierung und die Funktion von Makrophagen mit dem Stoffwechsel verbunden ist. Zentraler Akteur ist dabei ein Protein namens ETV1. Es fungiert als Mediator zwischen Veränderungen des Stoffwechsels in den Mitochondrien und der Genexpression im Zellkern. 

Mitochondrien sind für die Energiegewinnung mithilfe der Zellatmung verantwortlich. Durch ein elektrochemischen Gefälle zwischen den Membranen eines Mitochondriums, dem sogenannten Membranpotential, treibt die Zelle die Produktion des Moleküls Adenosintriphosphat (ATP) an, dem universeller Energieträger in lebenden Organismen. „Das ist so ähnlich wie die Energie, die in einem Damm gespeichert ist. Die kontrollierte Freisetzung des elektrochemischen Potentials wird genutzt, um den Energiebedarf der Zelle zu decken, so wie das allmähliche Ablassen von Wasser zur Stromerzeugung in Turbinen genutzt wird,“ erklärt David E. Sanin, Erstautor der Studie.

In ihren Experimenten entdeckte das Team um Edward Pearce, dass Signale im entzündeten Gewebe dazu führen, dass dieses Membranpotential der Makrohagenmitochondrien verloren gehen kann. Gleichzeitig beeinflusst auch genau dieser Prozess die Funktion des Proteins ETV1. Es wird in die Lage versetzt, Gene im Zellkern zu regulieren. Die Daten der Forscher legen nahe, dass diese Gene wichtige Funktionen der Makrophagen kontrollieren, einschließlich eines Gens, das entscheidend für die Wundheilung ist.

„Unsere Ergebnisse beleuchten erstmals einen Mechanismus in Makrophagen, der Veränderungen im Stoffwechsel und Veränderungen der Funktionen von Makrophagen direkt miteinander verknüpft“, sagt Edward Pearce. Der Einfluss auf die Genexpression im Zellkern und somit die Funktionen der Zellen wird dabei durch das Protein ETV1 vermittelt, dass empfindlich auf die Veränderung des Membranpotentials und den Stoffwechsel reagiert. So stellt das ETV1 ein potenziell neues therapeutisches Ziel dar, mit dem diese Immunzellen medikamentös verändert werden könnten, um sie schlagkräftiger in entzündetem Gewebe zu machen. Die Freiburger Wissenschaftler hoffen, dass die Ergebnisse ihrer Studie die therapeutischen Möglichkeiten für eine gezielte Aktivierung von Makrophagen bei Krankheit erweitern können.

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