Katarzyna Sikora
Sich die „Magie der Kommandozeile“ noch aus der Kindheit bewahren
Katarzyna Sikora, Bioinformatikerin am MPI-IE, über ihren Weg von der Biologie zur Bioinformatik, getrieben von Neugier und geleitet von Mentoren. Erfahren Sie, wie sie mit Stress am Arbeitsplatz umgeht und was sie Mädchen und jungen Frauen rät, die eine Karriere in der Bioinformatik anstreben. Sie ermutigt sie, sich das Programmieren anzueignen und ihre Interessen in jedem Umfeld furchtlos zu verfolgen.
Was machen Sie bei Max Planck?
Ich arbeite als Bioinformatikerin am Max-Planck-Institut in Freiburg, genauer gesagt in der Forschungseinheit für Bioinformatik. Meine Arbeit teilt sich letztlich auf in die Wartung und in die Weiterentwicklung unserer zentrales Workflows und Pipeline-Services wie zum Beispiel Snakepipes*. Alle Projekte, die ich unterstütze, sind kollaborativ und beginnen mit Fragen aus einem biologischen Labor, von einer Doktorandin oder einem Postdoc, die für Ihre Analyse umfangreiche Computerunterstützung benötigen. Ich schlage dann die Brücke zwischen den generierten Daten aus dem Nasslabor und der Analyse, die ich zur Verfügung stelle. Diese Analyse ist dann immer auf die Bedürfnisse des Projekts zugeschnitten. Typischerweise gibt es eine vordefinierte biologische Fragestellung, die der oder die Anwender:in bearbeiten möchte, und ich stelle die computergestützten Berechnungsmethoden zur Verfügung, um diese Fragestellung zu bearbeiten.
Handelt es sich dabei eher um einen 9-5-Job oder haben Sie manchmal ein stressiges Arbeitspensum, das Überstunden erfordert?
Ich arbeite Teilzeit, etwa 70 %, was mir ein gutes Gleichgewicht zwischen meinem Familienleben und meiner Arbeit ermöglicht. Ich halte mich an meine Arbeitszeiten, da sie mit den Öffnungszeiten des Kindergartens meines Kindes vereinbaren muss. Ich nehme mir auch zweimal pro Woche ein wenig Zeit für mich selbst, um einen mentalen Ausgleich zu finden. Zurzeit mache ich keine Überstunden. Wenn es jedoch notwendig ist, um die Arbeit an der Finalisierung einer Publikation zu beschleunigen, kann ich die Prioritäten verschieben und mehr Zeit für eine bestimmte Aufgabe aufwenden, vielleicht sogar kurzfristig ein paar Überstunden machen. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass man mit Überstunden nicht immer schneller vorankommt. Irgendwann macht man einfach mehr Fehler und wenn man am nächsten Tag wiederkommt, um die Fehler vom Vortag zu korrigieren, gewinnt man keine Zeit, sondern kann sogar Zeit verlieren. Ich glaube, dass es am effizientesten ist, in einem Tempo zu arbeiten, das Fehler minimiert.
Können Sie Ihren persönlichen Weg zur Bioinformatikerin beschreiben? Was hat Sie dazu inspiriert diesen Karriereweg einzuschlagen?
Ich habe Biologie studiert und bin nach und nach von der Biologie zur Bioinformatik gekommen, vor allem durch Untersuchungen während meiner Master- und Doktorarbeit, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehreren Proteinen befassen. Ich war fasziniert von der Informationsfülle in der Zelle und der Regulation biologischer Prozesse. Dies führte dazu, dass ich nach meiner Promotion in Biologie ein Praktikum am Schweizerischen Institut für Bioinformatik absolvierte, wo ich tolle Kolleg:innen und Projekte hatte. Und ich war vollkommen fasziniert von den bioinformatischen Aspekten. Diese Erfahrung führte mich zu einem Postdoc in Bioinformatik, bevor ich dann zu Max Planck kam. Es war kein langfristiger Plan, Bioinformatikerin zu werden. Es war eher das Ergebnis bestimmte Forschungsfragen zu verfolgen, die mich zur Bioinformatik führten.
Aber interessanterweise begegnete ich dem Programmieren bereits als Kind in der Schule, wo es zusätzliche Kurse für interessierte Schülerinnen und Schüler gab. Wir benutzen die Programmiersprache „Logo“, um eine Schildkröte zu steuern, die auf dem Bildschirm zeichnete. Diese erste Begegnung und weitere positive Erfahrungen legten sicherlich den Grundstein, der sich später als nützlich erweisen sollte. Während meines Praktikums am Schweizerischen Institut für Bioinformatik entwickelte ich dann meine Fähigkeiten weiter, lernte die Programmiersprache R, Shell-Scripting und profitierte von einem sehr positiven Lernumfeld und einer erfahrenen Betreuung, was für meine Entwicklung in der Bioinformatik sicherlich entscheidend war.
Aber Sie haben etwas von Ihrer Kindheit behalten?
Ja, tatsächlich habe ich etwas von dieser frühen Magie behalten – das erste Kennenleren der Magie der Befehlszeile. Das ist damals passiert und hat mich geprägt.
Sie arbeiten in einem ziemlich von Männern dominierten Bereich, und viele Biolog:innen haben immer ein bisschen Angst vor dem Programmieren und Bioinformatik. Wie würden Sie ein Mädchen oder eine junge Frau ermutigen, mit Computern und vielleicht später bioinformatischen Methoden zu arbeiten?
Ich würde Mädchen auf jeden Fall raten, ihrer Neugier und ihrer Intuition zu folgen. Wenn sie Freude am Umgang mit Computern haben, eine analytische Denkweise besitzen, gerne Zeit mit der Analyse von Daten verbringen und analytische Lösungen für Probleme suchen, wenn sie von biologischen Fragestellungen begeistert sind und daran interessiert sind, die Grenzen des aktuellen Wissens zu erweitern, dann sollten sie diesen Weg einschlagen. Damit hat man alles, um in jeglichem Umfeld erfolgreich zu sein, selbst in einem Team, das hauptsächlich aus männlichen Programmierern besteht. Frauen sollten sich als wertvolle Bereicherung für jedes Team betrachten und ihrem Bauchgefühl folgen. Alles andere kann auf dem Weg gelernt, solange sie davon überzeugt sind, auf dem richtigen Weg zu sein. Nicht so schnell aufgeben.
Ein weiterer Ratschlag ist, dass ich definitiv von Mentoring und Unterstützung in allen Phasen meiner Karriere profitiert habe. Ich würde jedem Mädchen, das vielleicht unsicher ist oder kein Vorbild in der Familie hat, raten, sich einen Mentor oder eine Mentorin zu suchen. Das kann in schwierigen Situationen und bei Zweifeln sehr hilfreich sein … auch, um sich verbunden zu fühlen, besonders wenn man die einzige Frau im Raum ist. Darüber hinaus sollte man nach Arbeitsumgebungen Ausschau halten, die für alle Geschlechter und Kulturen offen sind, wie etwa bei Max-Planck. Das reicht schon, um sich in einem Arbeitsumfeld wohl zu fühlen.
Glossar:
Pipelines & Workflows: In der Bioinformatik ist eine Pipeline ein spezifisches Set von automatisierten Prozessen, die dazu dienen, komplexe Datensätze zu analysieren und zu interpretieren, insbesondere solche, die aus biologischen Experimenten stammen, wie etwa Genomsequenzierungen. Eine Pipeline besteht typischerweise aus einer Abfolge von Software-Tools oder -Aufgaben, die Input-Daten automatisch durch verschiedene Analyse- oder Verarbeitungsschritte führen und dabei Output generieren, der für weitere Analysen oder Interpretationen genutzt werden kann. Dies beinhaltet zum Beispiel Schritte wie Datenbereinigung oder statistische Analysen.
Ein Workflow hingegen hat eine etwas breitere Bedeutung. Ein Workflow bezieht sich auf die Gesamtheit der Schritte (manuell oder automatisiert), Prozesse und Methoden, die zur Erreichung eines bestimmten wissenschaftlichen oder analytischen Ziels erforderlich sind. Workflows können sich auf die Kombination von Datenanalyse-Pipelines, Datenaufbereitung, manuelle Überprüfungen, Datenintegration aus verschiedenen Quellen und die Interpretation der Ergebnisse erstrecken. (mehr)
SnakePipes sind Pipelines, die mit dem Programm snakemake und der Programmiersprache Python für die Analyse von epigenomischen Datensätzen entwickelt wurden.