Paloma Martzloff

Wissenschaft als Hingabe zum Lernen und gründlichen Hinterfragen

Paloma Martzloff ist seit Juli 2020 Doktorandin am MPI-IE. Erfahren Sie mehr über ihren wissenschaftlichen Werdegang und wie sie die Interaktionen zwischen Mastzellen und anderen Zelltypen in der Haut untersucht, um die Ursachen von Allergien zu verstehen. Erfahren Sie, was Paloma an der Arbeit im Labor liebt und was sie motiviert hat, die Interessen anderer Doktorand:innen zu vertreten.

Kannst du uns etwas mehr über dein Dissertationsprojekt erzählen?

Mein Dissertationsprojekt befasst sich mit Mastzellen, also Immunzellen, die vor allem für ihre Rolle in Allergien und Anaphylaxie bekannt sind. Mastzellen sind unter anderem in Bindegeweben wie etwa der Haut zu finden. In meinem Projekt möchte ich herausfinden, welche Zelltypen in der Haut die Mastzellen am Leben erhalten, indem sie sie mit dem notwendigen Wachstumsfaktor versorgen. Um diese Frage zu beantworten, setzen wir im Labor verschiedene Mausmodelle ein, um Wachstumsfaktoren in jeweils einem Zelltyp zu entfernen und dann die Auswirkungen auf die Mastzellen zu analysieren.

Du hast bereits einen Master in Immunologie gemacht? Was fasziniert dich an der Wissenschaft und der Immunologie im Besonderen?

Ich war schon immer von der Natur fasziniert – von Kindheit an. Damals habe ich gern kleine Tierchen im Garten beobachtet. Später, in der Oberstufe, kam ich mit der Immunologie in Berührung und war sofort begeistert. Das hat mich dazu bewogen, Biologie zu studieren und mein Wissen in der Immunologie zu vertiefen. Meine Masterarbeit hat mir sehr viel Spaß bereitet. Nach dem Abschluss habe ich mich daher auf die Suche nach einer Promotionsstelle in der Immunologie begeben. Dabei bin ich auf die Stellenausschreibung von Tim Lämmermann gestoßen. Seine Forschung, die sich mit der Populationsdynamik angeborener Immunzellen beschäftigt, fand ich faszinierend. Ich habe mich sehr gefreut, als er mir eine Stelle anbot, um an der Interaktion von Stromazellen mit Mastzellen zu forschen – das war letzendlich, was mich ans Institut brachte.

Meine Motivation für die Arbeit in der Wissenschaft ist der Wunsch, neue Dinge zu lernen. Aber ganz allgemein gibt es zwei Aspekte, die ich an der Wissenschaft besonders schätze. Erstens schätze ich, dass es Ziel der Wissenschaft ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Auch wenn es langweilig klingen mag, ist es wichtig, biologische Prozesse genau zu verstehen, zum Beispiel wie eine Zelle das Überleben einer anderen unterstützt. Das mag simpel erscheinen, aber diese Grundlagen sind entscheidend für eine spätere Modulation von Zellen oder für die Veränderung von Zellinteraktionen, um z.B. Krankheiten zu bekämpfen. Ein weiterer Aspekt, den ich sehr schätze, ist die Bedeutung des kritischen Denkens innerhalb der Wissenschaft. Dazu gehört, dass Ergebnisse gründlich diskutiert, Hypothesen getestet und auf der Grundlage von Resultaten bestätigt oder verworfen werden. Das erfordert die Bereitschaft, seine Meinung zu ändern oder eine Hypothese zu überdenken, wenn die Ergebnisse nicht den ursprünglichen Erwartungen entsprechen. Ich schätze diese Dynamik, Ergebnisse neu zu bewerten und zu diskutieren, um passende Interpretationen zu finden. Dieses Beharren auf kritische Analyse bringt nicht nur unser Verständnis von biologischen Systemen voran, sondern gewährleistet auch eine solide und nachvollziehbare Forschung. Der Prozess der sorgfältigen Analyse und des Lernens sowie der Austausch von Ideen und Erfahrungen fördert auch das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Und wenn du an deinen Laboralltag denkst, gibt es einen bestimmten Aspekt oder eine Technik, die dir am meisten Spaß macht?

Was die Technik betrifft, so liebe ich die Mikroskopie, weil sie die Informationen visuell darstellt man sieht also genau, was man tut. An der Arbeit im Labor gefallen mir verschiedene Aspekte – allem voran die Vielseitigkeit der Arbeit. Man führt jeden Tag verschiedene Arbeitsschritte durch und wendet während des gesamten Projekts unterschiedliche Methoden an. Außerdem lernt man immer wieder neue Methoden oder Analysewerkzeuge kennen, die man sich aneignen muss. Ein weiterer Aspekt, den ich an der Arbeit im Labor toll finde, ist die Arbeit im Team. Eine gute Forschungsgruppe beruht aus meiner Sicht auf Teamarbeit, gegenseitiger Unterstützung, dem Teilen von Wissen und dem Lernen von Anderen.

Du engagierst dich als Interessenvertreterin anderer Doktorand:innen am Institut und investiert auch viel Zeit dafür. Was ist deine Motivation?

Mein Promotionsjahrgang startete 2020, mitten der COVID-19-Pandemie. Die strengen Infektionsschutzregeln machten persönliche Treffen unmöglich, was mir und vielen anderen wirklich gefehlt hat. Ich denke, dieses Gefühl wurde von vielen aus meinem Jahrgang geteilt. Am Anfang wurde ich durch die älteren Doktorand:innen motiviert, die bereits Teil der Doktorandenvertretung waren; sie sagten: „Mach einfach mit und du wirst sehen“. Das hat mich neugierig gemacht. Als ich dann dabei war, habe ich gemerkt, dass es vieles gibt, wo man sich einbringen kann: verschiedene Aspekte zu Verwaltungsthemen, Organisieren von Veranstaltungen und Besprechungen

Daraus hat sich dann auch die Motivation entwickelt, mich mit den Anderen für die Organisation eines Retreats und anderen Veranstaltungen einzusetzen. 2020 war das zwar nicht möglich, aber 2021 haben wir es geschafft, ein Treffen auf die Beine zu stellen. Es war toll, endlich persönlich zusammenzukommen und über verschiedene Dinge, darunter auch die Arbeit und die Last der Isolation reden zu können. Für jemanden, der neu in der Stadt ist, ohne Freunde oder Familie in der Nähe, sind solche Treffen super wichtig. Der Einsatz für mehr soziale Kontakte war aber nur der Anfang. Später setzten wir uns dafür ein, dass Doktorand:innen als gleichberechtigte Angestellte angesehen werden. Obwohl wir andere Verträge haben und oft nur als Studierende angesehen werden – was angesichts unseres Studierendenstatus an der Uni verständlich ist – arbeiten wir im Labor genauso viel wie jeder andere Wissenschaftler oder jede andere Wissenschaftlerin. Allerdings werden uns bestimmte Vorteile nicht gewährt, sei es aufgrund unserer Vertragsstruktur, unserer Erfahrung oder weil wir anfangs mehr Betreuung benötigen. Dies hat zu Diskussionen darüber geführt, warum wir für bestimmte Leistungen nicht in Frage kommen sollten. Es stimmt natürlich, dass sich die Situation für Doktorand:innen in den letzten 20 Jahren durch angemessenere Verträge und andere Fortschritte verbessert hat. Aber es gibt immer noch Bereiche, die verbessert werden können. Themen wie Bonuszahlungen für Doktoranden anzugehen, könnte helfen, ein Gefühl von Gleichheit zu schaffen. Es würde das starke Signal senden, dass alle ausgewöhnlichen Forscher:innen, egal ob jung oder alt, die gleiche Wertschätzung erfahren. Der Gedanke ist, dass, wenn man in seiner Arbeit hervorragend ist, die Vertragsstruktur keinen Einfluss auf die Anerkennung und Belohnung haben sollte, die man erhält. Das würde auch dazu beitragen, das Gefühl zu stärken, dass der Beitrag jedes oder jeder Einzelnen wichtig ist.

Als PhD-Vertretung bist du auch am Onboarding der neuen Generation von Forscher:innen beteiligt. Hast du einen Rat für sie?

Ein Ratschlag, den ich gebe, ist, dass man sich mit seinen Labormitgliedern und natürlich mit der Gruppenleitung wohlfühlen sollte. Es ist wichtig, dass man das Gefühl hat, konstruktiv miteinander interagieren zu können und dass man sich klar macht, was einem in Bezug auf die Betreuung wichtig ist. Gruppenleiter:innen haben unterschiedliche Stile, Projekte zu gestalten und Doktoranden zu betreuen. Daher ist es wichtig, eine Übereinstimmung mit den eigenen Bedürfnissen und Erwartungen zu finden. Viele Bewerber:innen fokussieren sich sehr stark auf das jeweilige Forschungsprojekt bei der Auswahl des Labors. Das Projekt ist natürlich sehr wichtig, aber ein herausforderndes Laborumfeld kann selbst das beste Projekt zu einer schwer erträglichen Aufgabe machen. Umgekehrt kann ein Projekt, das vielleicht nicht das Spannendste ist, aber in einem unterstützenden und positiven Umfeld stattfindet, zu einer viel angenehmeren Erfahrung während der Promotion und der anschließenden Karriere führen. Das richtige Umfeld kann einen großen Einfluss auf die generelle Zufriedenheit und den Erfolg während und nach der Promotion haben.

Ebenso wichtig ist die finanzielle Stabilität, also ein Institut zu finden, das sich die für die Forschung benötigten Materialien leisten kann. In unserem Institut sind wir zum Glück in der Lage, auf eine breite Palette auch zum Teil sehr teurer Materialien zurückgreifen zu können. Diese finanziellen Möglichkeiten sind für die Durchführung qualitativ hochwertiger Forschung von entscheidender Bedeutung und stellen sicher, dass wir über die notwendigen Ressourcen verfügen, um zu experimentieren und innovativ forschen zu können.

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